Zurück nach Berlin: Allein im ICE
"Fertig. In jeder Hinsicht. Ich sitze in einem Großraumabteil. Entgegen der Fahrtrichtung. Mit meheren schreienden Kindern über Abteil verteilt. Freiwillig. OMG.
Warum? Als ich auf der Suche nach einem Platz hier durchkam, saß geradezu ein Mann. Ganz hübsch. Blond. Brille. Ipod & Notebook. an einem dieser Mitteltische. Er sah aus, als würde er seinen Rechner zum Schreiben verwenden. Also setzte ich mich an den Tisch auf der anderen Seite des Ganges. Ach ja. "
koneko do - 16. Sep, 22:18
Immer noch im Bus:
"Ein neues Notizbuch ist wie eine neue Beziehung. Noch nicht ganz meins und schon mit Gefühlen überfrachtet (ständig will ich Emotionen schreiben. Die dunkle Seite ist stark. Wenn ich nicht aufpasse, sage ich demnächst noch "aufmerksamkeitsstark"): Angst, enttäuscht zu werden; die Hoffnung, endlich anzukommen; Verliebtheit in dieses herrlich fremde Ding, mit dem man noch keine gemeinsame Geschichte hat und deshalb die eigene noch einmal neu erschaffen kann.
Das Gefühl (!!), seinen Kopfwust aufzuschreiben, die Filme, Bilder, Wortschnipsel, die pulsierenden kleinen Häufchen wirrer Materie eine Form zu geben ist unbeschreiblich. Besser als Sex. Besser als Heiratsanträge (die sowieso überbewertet werden). Besser als Sushi & Schokolade.
Die einzigen Momente, in denen innere Ruhe, meditative Versenkung ohne "Oh, ich muss ja noch …" & vollkommenes Glück möglich sind, sind beim Schreiben.
So gesehen ist es weder ein Wunder, dass meine Beziehung den Bach runterging (Komponist!), noch dass dasselbe mit dem Objekt meiner zweijährigen-Schwärmerei-dann-irgendwie-Beziehung(Pysiker!)geschehen ist. Und das ich mittendrin bin, mich ganz schrecklich ernsthaft in jemanden zu verlieben, der der Sprache ebenso zugetan ist. Ein Deus Logos. Ein Grammatik Gandalf. "Er redet wie gedruckt" ist bei ihm keine Phrase. Ihm zuzuhören ist wie ein Buch aufschlagen & feststellen, dass man eine neue Lieblinglektüre in den Händne hält.
Zu lesen, was er schreibt, ist eine Offenbarung.
Wie ein Bildhauer erschafft er den Text nicht, sondern arbeitet ihn aus dem Papier heraus. Nichts ist bemüht, nichts verschwurbelt und kompliziert, gleichwohl immer das, was man "auf höchstem Niveau" nennt.
Es gab nie eine andere Möglichkeit, als dass er mein persönlicher Sprach-Schatz würde."
koneko do - 16. Sep, 18:44
Rückblende: Kätzchen am Tresen, Sonntag, o3:26 a.m.
"5 (in Worten: fünf) Wochen habe ich darauf gewartet. Habe dem Tag entgegengefiebert, an dem ich dich wiedersehen sollte. War spontan so verliebt, dass ich mich aus lauter Schreck darüber sofort anderen Herren zugewandt habe. Nach Monaten Decke übers angeknackste Herz ziehen. Nach durchweinten Nächten. Und Tagen. Du warst da und hast mein Herz geöffnet, meine Welt gerockt und mir mein Leben zurückgegeben. Einfach so.
Du bist tatsächlich gekommen. Und durch das beherzte Einschreiten von Frau Doktor war die Gelegenheit da.
Und blieb. Eine ganze Weile. Und dann sah die Welt eine Premiere: Kätzchen machte den ersten Schritt. KRACH. Das war die Wand."
Puk kam, übersah und ignorierte. Mich.
Dabei war ich sowas von tapfer. Gucken. Lächeln. Lächeln. Gucken. Sogar das Wort richtete ich an ihn. Und behielt nach dem Austausch zweier Ellipsen das letzte.
Nun gut. Gucken war auf seiner Seite ebenfalls involviert. Beim Lächeln bin ich mir schon nicht mehr so sicher. Und über alles andere sei der Mantel des Schweigens gelegt.
Immerhin gab es neben einer Menge schweigendem Nebeneinanderstehen einiges, was ich unter anderen Umständen als pennälerhaftes Balzverhalten gedeutet hätte. Jenes aufmerkskeitsheischende exaltierte Agieren, dass so gar nicht zu dem bislang beobachtetem sonst so zurückhaltenden & schweigsamen Verhalten passen wollte.
Wie gesagt: unter anderen Umständen.
Hach.
Das allerschlimmste: Ich freu mich schon wieder wie bekloppt auf nächstes Wochenende. Offensichtlich habe ich weder die Hoffnung aufgegeben noch mich abschrecken lassen. Und mal wieder frage ich mich: wieso?
koneko do - 15. Sep, 18:23
Damit kein falscher Eidruck entsteht – ich lamentiere nicht ausschließlich über mein Leben & meinen desaströsen Hormonstatus. Zwischen taschentüchern und Selbstmitleid bleibt sogar noch Zeit zum Arbeiten. Oder für "Workshops" auf die einen der Arbeitgeber vertrauensvoll schickt, in der Hoffnung, man möge sich zum Positiven entwickeln.
Einen solchen konsultierte ich vor einer Woche. Das Ergebnis liest sich wie folgt:
05.09., HH
Glücklich in meinem Bus angekommen. Um mich herum junge dynamische Mit-Texter. Natürlich mehrheitlich Herren.
Frage mich, ob Frau Sp. Einschätzung, Texter seien Menschen, die aus wenig viel machen müssten & daher Selbstdarstellungstalent & ein großes Ego eine zwingende Voraussetzung für diese Profession seien, wirklich akurat war. Wenn ich mich umblicke, dann ja.
Andererseits: Wir reden hier immerhin über eine schreibende Zunft. Ganz euphemistisch liesse er sich sogar sagen: schön-geistig. Erwartet man da nicht eher Gebrochen-, Getreiben- & Zerrisenheit?
Ist das der Beweis, das Klischees über Schreiberlinge falsch sind? Oder der, das Texter nicht zu den Schreibenden gezählt werden können?
Mein Füller ist pink. Mit rosa & ergonomisch geformt. Gehöre ich wirklich hier hin?
koneko do - 12. Sep, 18:58
Ich fühle mich wie nach einem Zusammenstoß mit einer Chimäre aus Laster und Vampirfledermaus: Geplättet und ausgesaugt. Mein Kopf ist leerer als normalerweise bei meinen kläglichen Meditationsversuchen, mein gefühltes Artikulationsvermögen liegt bei "argh-hach-möch".
"Dharmakshetre kurukshetre" – das ist der Anfang der Bhagavad Gita, jenes indische Epos, indem in einem Zwiegespräch Krishna, zunächst als Wagenlenker getarnt (Anspielung – ick hör dir trapsen), den Prinzen Arjuna, der in einem Dilemma zwischen Pflicht und Neigung steckt,als Mentor mithilfe einer Menge ontologischer Betrachtungen aus der Krise heraus und auf das Schlachtfeld hinauf hilft.
Denn Kurukshetra ist das Schlachtfeld, auf dem Arjuna gegen seine Verwandten kämpfen soll – der geneigte Leser ist natürlich sofort mit einer Interpretation zur Stelle. Metaebene – Mikrokosmos – Makrokosmos – yaddayaddayadda. Die große Allegorie, das Schlachtfeld des Lebens und der stete Bruch zwischen Pflicht und Neigung. Der schlimmste Gegener blickt einen jeden Tag aus dem Spiegel an und natürlich gibt es verschiedene Wege aus dem ganzen Leiden. Unter anderem eben Yoga.
So kurz, so ketzerisch – denn bereits die ersten zwei Wörter sind ein derart fulminanter Einstieg, dass sie alleine bereits einige Bücher an Interpretation verdienten. Der Zeit zuliebe soll ein Satz genügen: Dharma ist die (göttliche) Ordnung, Kurukshetra kann als Chaos gesehen werden – auf die Ordnung folgt also das Chaos.
Anstatt mich jetzt über die zyklische Zeit- und Seinsvorstellung non-linearer, mythischer Kulturen auszulassen, nehme ich die Abzweigung zum ego-zentrierten Beginn: Nachdem die letzten Wochen ein durch Yoga und Johanniskraut befördertes Fest der Endorphine mit immer neuen Ausbrüchen von Caritas waren, ist mein derzeitiges Loch nicht einfach nur Ausdruck minderwertiger Hormonproduktion, sondern Teil einer göttlichen Ordnung.
Ich bin noch sehr unsicher, ob mich das tröstet.
Meine Argumentationsgrundlage mit Gott beläuft sich zur Zeit auf: "Ok, das reicht jetzt wirklich.", "Nu is aber mal genug!" & "Schluss, aus, pfui!!".
Aber anscheinend hat ER gerade keinen Empfang: "The ALMIGHTY you calling is temporarily not available – at least not for you, you poor, pathetic, inferior being."
Puff.
koneko do - 12. Sep, 14:34
Neue Theorie: Alle Science Fiction und alle phantastischen Romane, die von der Besessenheit und Fremdsteuerung durch eine fremde Macht handeln sind von Menschen verfasst die direkt oder indirekt (aka mit-leidender Partner) von hormonellen Heimsuchungen betroffen waren.
Alle, aber auch wirklich alle Symptome, die das gemeine Medizinlexikon bei Estrogenen- und Progesteronmangel promoted haben sich bei mir versammelt. Darf ich vorstellen?
Progesteron:
- Gereiztheit
- Aggressivität
- Wassereinlagerungen
- Gewichtszunahme
- Brustspannen
- Migräne
- Muskelschmerzen
- Besenreiser (Krampfadern)
- Schwindel (Kreislaufprobleme)
- Kurzatmigkeit
- Überlkeit (Brechreiz)
- Blähungen
- Verstopfung
- Verkürzte Zyklen
- Zwischenblutungen
Östrogenmangel:
-Weinelichkeit
-Depressive Verstimmungen/Depression
-Ängstlichkeit
-Schlafstörungen
-Gedächtnisschwäche
-Antriebslosigkeit
-Hitzewallungen
-Faltenbildung
-Haarausfall
-Kopfschmerzen
-Muskel- und Gelenkschmerzen
-Osteoporose
-Ausbleibender Zyklus
Ok – alle ist übertrieben. Dem geneigeten Betrachter fällt natürlich sofort auf, dass "Verkürzte Zyklen" & "Zwischenblutungen" sowie gar kein Zyklus sich natürlich ausschliessen. Und wie du ja weißt, hat sich mein Körper schon vor Monaten für Varainte b entschieden. Aber sonst … Voll auf die Neun.Und gerade in "full blossom". Was dann mein aktuelles Kopf-durch-die-Wand-Projekt Ich-schaffe-das-diesmal-auf-natürlichem-Wege wohl ad absurdum führt.
Gott, könnte mich bitte irgendjemand erschiessen?!
koneko do - 11. Sep, 11:40
moi an Hormone: Dies ist keine Übung! Ich wiederhole, dies ist keine Übung!
Alle Östrogene und Gestagene werden gebeten, sich unverzüglich wieder an ihrem Arbeitsplatz einzufinden. Bitte nehmen sie ihre Tätigkeit mit sofortiger Wirkung wieder auf!
Sollten sie dieser Auforderung nicht umgehend nachkommen, werden Konsequenzen ergriffen.
Das ist die letzte Warnung, ich wiederhole: Das ist die letzte Warnung!
koneko do - 9. Sep, 17:55
Spass mit Haarfarben: Die Ü-Eier für Erwacchsene – Spannung, Spiel und spontane Gefühlswallungen.
Wenn das, was gerade auch meinem Kopf rumwallt, hellbraun sein soll, war Schneewittchen mittelaschblond.
Liebe hat insofern sehr viel von handelsüblichen Aufhübschungsmaßnahmen für obenrum.
Nettes Bild - ja, doch, so hätte ich's auch gerne.
Klingt auch gut, dochdoch, das darf mit nach Hause.
Einiges an Mühe und Dreck später nähert man sich frohen Mutes der Zielgeraden. Die bislang entstadenden Colleteralschäden wie ebenfalls farblich veränderte Badmöbel und Gesichtshaut nimmt man gerne in Kauf. Es ist ja für die höhere Sache. Und das gute T-Shirt hat man sowieso vorsorglich ausgezogen. Man ist darauf vorbereitet gewesen, einzustecken. Man weiss ja, man muss daran arbeiten und dabei wird man nun mal schmutzig.
Das Ziel entschädigt für alles. Frohgemut wird die Pampe ausgewaschen, der Fön erledigt den Rest.
Und in der Tat, was einem im Spiegel entgegenschaut, ist tatsächlich ein ganz neuer Mensch.
Dummerweise ganz anders als gedacht.
Da steht man nun. Irritiert. Fremd. Irgendwie ist es ja schon ganz fein. Trotzdem läuft man die nächste Zeit zweigeteilt durch den Tag. Man selbst und seine Haare.
Doch das menschliche Gehirn vergisst schnell: Kaum sind Person und Haar wieder eins, fällt ersterer auf, dass sie ja mal wieder etwas mit ihren Haaren machen sollte. Vergessen sind die letzten ERlebnisse nicht. Doch die Hffnung, diesmal, nur diesmal könnte ich es sein, das Bild dort auf dieser kleinen käuflichen Neues-Leben-Tube.
Mit dem Herz ist es nicht anders.
Die nächste Packung kommt bestimmt.
koneko do - 8. Sep, 19:11
Eigentlich hätte ich gerade ein Stündchen Zeit gehabt. Aber statt zu schreiben, sinierte ich über den merkwürdigen Umstand, dass ich gar nicht wusste was. Was bei der frappanten Masse an ersten Teilen hier erstaunlich ist. Es gäbe soviel fortzuführen, soviel zu beenden – stattdessen: puff.
Und wieder mal ahmt damit die Mikro- die Makroebene nach. Olle Plagiatorin. Ich finde sogar die Aussicht Shampoo zu kaufen beängstigend unanregend. Zu wenig Johanniskraut? Dräuende Depression? Nö. Wohl eher nicht. Wohl eher der Glücks-Kater zusammen mit Projekt-Hangover. Beides auch bekannt als "das Loch danach". 12 Tage Yoga- & Arbeits-all-you-put-into-24h inklusive erwünschten und nicht so gerne gesehenen Erkenntnissen und allen Gefühlen die Klaviatur rauf und runter, mit einem Fokus auf Hach-das-Leben-ist-schön-ich-liebe-alle-Menschen-und-ein-paar-ganz-besonders-und-wir-begrüßen-die-Neuankömmlinge-in-dieser-Reihe-besonders-herzlich einschließlich Ok-wenn-das-nicht-mein-Match-ist-meine-zweite-Hälfte-Shiva-zu-meiner-Shakti-Seelenverwandter-Kick-zum-Ei-etc.-zu-meinem-blabla-dann-weiß-ich-auch-nicht.
Natürlich hat sowas immr ein böses Erwachen zu Folge. Das Yogaloch, das Arbeitsloch & das Hach-mein-Herz-Loch verhalten sich ausgesprochen solidarisch.
Ehrlich gesagt, bin ich nicht mal deprimiert. Nur müde – ok, kein Wunder bei dem Schlafpensum. Aber trotzdem mehr. Alles ist schön. Naja, fast. Irgendwas ist ja bekanntlich immer. Meistens: mehr Geld, mehr Zeit, nettere Waage. In beliebiger Reihenfolge.
Kanckpunkt ist wohl, dass ich heute mein Diplom angemeldet habe. Quasi neben meiner alten Wohnung. Unserer. Neben meinem alten Leben.
Natürlich habe ich geheult. Auf dem Weg dahin. Auf dem dort WEg. Allerdings nicht richtig. Die Wimperntusche. Und ab einem gewissen Alter ist Haulen tatsächlich desaströs.Der Begriff "geschwollene Augen" gewinnt eine vollkommen neue Bedeutung. Ich sehe dann aus, als hätte ich das Downsyndrom und einen schlimmen Heuschnupfen, in Kombination mit einem ungünstig plazierten Wespenstich.
Ich habe danach nicht GGL I angerufen. Vor einem Jahr hätte er noch gesagt: "Toll, Baby. Ich bin stolz auf dich. Du machst das."
In diesen drei Minisätzen hätten Motivationund Achtung gelegen, sie wären Zeugnis des gemeinsamen Weges und des tiefen Verständnisses. Eigentlich sind sie ein Satz: "Ich liebe dich wie du bist."
Meine Mikrowellenente spricht nicht mal.
Und der Mensch, der wusste, dass ich dahingehe, der danach fragt, ob alles gut gegangen sei … tja.
Es ist wohl sinnvoll, wenn ich mich doch in meinen Yogi vergucke. Oder – ganz radikal – bei nächster Gelegenheit (weniger als 2 Wochen!) Puk anspreche.
"Etwas besseres als hier finden wir überall." – das Motto der Bremer Stadtmusikanten. Was macht man, wenn es sich anfühlt wie "Etwas besseres als hier finde ich nirgendwo."?
koneko do - 2. Sep, 17:40
Bevor ich weiter ausführe, warum man sich niemals in seinen Yogalehrer vergucken & warum man Tagen, die mit Waagen auf dem Kriegspfad beginnen, besser sofort den Rücken kehren sollte, folgt ein kleiner Exkurs.
Über das warum hinter dem Dilemma. Besagter Yogi ist daran erstaunlicherweise nicht ganz unbeteiligt. Das hatte ich allerdings bis gestern völlig vergessen. Kann es sein, dass ich mich am besten dann an Sachen erinnere, wenn ich romatisch involviert bin? Armselig.
Wie auch immer.
Yoga ist schuld. An allem. Ohne Yoga säße ich jetzt friedlich in meinem Schlafzimmer mit dunklem Holzboden und schaute auf den Ahornbaum.
All die Artikel, wie großartig Yoga sei, welch Wunder für geplagte Körper und gestresste Seele, Erfrischungsquell für den Geist. Pffffffff.
Es sollte besser ein Gesetz verabschiedet werden, das dazu verpflichtet, an jeden Flyer, jedes Kärtchen und jede Broschüre, einfach an alles was für Yoga wirbt oder wo Yoga drin ist, ein Warnhinweis anzubringen. So wie bei Zigaretten.
Statt "Rauchen führt zu vorzeitiger Hautalterung" und "Rauchen verursacht Krebs" stünde da dann "Yoga verändert ihr Leben" und "Yoga lässt Sie Dinge tun, die Sie sich zuvor nie getraut hätten".
Das ist doch positiv? Ha! Wer möchte denn wirklich, dass sich sein Leben ändert? Ok, vielleicht etwas weniger gestresst sein, irgendwie ausgeglichener und gerne ein paar Kilo leichter, dafür mehr Muskeln und ein Pattpatt für die Seele mit ein bis zwei tiefsinnigen Sprüchen und ein bißchen Ommm. Aber so ernsthaft life changing experience?
Und Dinge sein zu lassen, weil man sich vor ihnen grault, ist zwar feige, aber vielleicht gar nicht so dumm. Es besteht immerhin die berechtigte Möglichkeit, dass man guten Grund hat, sich so anzustellen.
Nun, ich habe mit Yoga angefangen. Und zuerst & für einige Jahre war es all of the above – nett, schön & feini.
Ich hatte nämlich geschummelt.
Ich war allem spirituellem und esoterischen gegenüber seit jeher sehr skeptisch. Ich liebe Märchen und phantastische Literatur, aber schon bei Menschen, die mir was von "Entspannungstechnik" erzählen wollten, wurde ich aggressiv. Worte wie "Chakra" oder "energetisch" hätten vermutlich bewirkt, dass ichdirekt unter die Decke hüpfe.
Natürlich hatte ich als Teenager ein Astrologiebuch, natürlich habe ich ein wenig mit Tarotkarten gespielt und über geheime Techniken und Kulte gelesen. Aber schon damals war mir das irgendwie peinlich.
Das mag zum Teil daran liegen, dass meine Mutter während ihrer Wechseljahre ihre spirituell-esoterische Ader fand und selbige mit Nervenzusammenbrüchen und einigen unschönen Affären kombinierte. Kurz bevor ich ein Teenager wurde. Die Gleichung schien mir daher simpel: Eso equals bad.
Meine eigene Phase spiritueller Sehnsucht & Suche – bäch, was ein Wort –, klassicher Meilenstein auf dem Weg zur Adoleszenz fand in Folge gar nicht statt.
Deshalb gab es dann später eben erst mal lange kein "richtiges" Yoga, sondern ein herrliches fitness-optimiertes und sportwissenschaftlich ausgearbeites Programm, welches außerdem noch Elemente von Pilates und Qui Gong enthielt. So weit, so ungefährlich.
Das Bedürfnis nach mehr – aka spirituelle Sehnsucht & Suche, bäch – wurde über wechselnde andere Dinge bespaßt. Kamfsport erwies sich dabei als recht dankbar und haltbar, wobei ich auch hier irgendwie bei einer ausgesprochen pragmatisch-westlichen Richtung landete. Aber wozu hat man denn Phantasie? Wenn es keine ontologische Tiefe hat, interpretiert man halt welche hinein. Ich kann das mit allem. Laufen, Tanzen, Comics lesen, Klamotten aussuchen, schminken … die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Kommt man bei einem Sujet an den toten Punkt, was zwangläufig geschieht, sucht man sich das nächste.
Und dann spielten meine Hüften nicht mehr mit. Was zwei Bandscheibenvorfälle und anhaltende Miniskusprobleme nicht geschafft hatten, vollendeten meine Hüftgelenke. Zähneknirschend war ich dabei, mir einzugestehen, dass es so nicht weiterginge. In dem so bereiteten Boden, konnte der Rat von GGL II, ich solle aufhören gegen meinen Körper zu kämpfen und mich mit ihm versöhnen, tatsächlich Wurzeln schlagen. Was GGL I nicht ganz so klasse fand. Also, die Sache an sich schon – er hatte mir immerhin seit Jahren das gleiche gesagt. Ich hatte nur nie darauf gehört.
Und so saß ich kurze Zeit später in der ersten richtigen Yogastunde seit Jahren (jaha, so ein bißchen hatte ich es auch vorher schon mal betreiben. Damals rettete mich allerdings der erste Bandscheibenvorfall).
Und ich war begeistert. Glücklich, angekommen. Hach. Nicht mal Sätze bei Adjustments ("Korrektur" sagt mn im Yoga nicht. Es klingt zu sehr nach - nun ja, korregieren. Was impliziert, dass etwas "falsch" ist, was ja ein nicht so yogisches Wort ist – räusper.) wie "Das ist dein Weg" und der begeisterte Hinweis der Lehrerin, dass Yoga mir ja helfen könne, mein Asthma los zu werden – sie hätte das nämlich auch gehabt und dann Yoga und dann … puff! – konnten daran etwas ändern.
In der zweiten "richtigen" Stunde beschloss ich Lehrerin zu werden. Oder vielmehr, die Erkenntnis drängte sich mir auf, dass das "mein Weg sei".
Und genau hier kommen die beiden Warnungen ins Spiel: Sich Sachen trauen, vor denen man unter normalen Umständen zurückschreckte und lce (life changing expirience).
Trotz meiner Unfähigkeit, Sirsana, den Kopfstand zu bewerkstelligen, zog ich los, suchte und fand ein Ausbildungsstudio und stand vor genau einem Jahr vor besagtem Yogi.
Nach der bis dato tollsten und intensivsten Klasse meines zugegebenermaßen recht kurzen Yoga-Lebens, war ich mir sicher, hier bin ich richtig (außerdem dachte ich: Gott, ist der hübschniedlichnettcoolhach).
Nach dem Eröffnen meines persönlichen Sirsana-Debakels & der Absegnung durch meinen neuen Lehrer, stellte sich allerdings heraus, dass er an allem weiteren gar nicht beteiligt sein würde. Ausbilden täten andere. Auch gut.
Die Ausbildung begann fünf Wochen später.
Acht Wochen später hatte ich den Job, bei dem ich mich jahrelang vor einer Bewerbung gedrückt hatte.
Zehn Wochen später waren meine Yoga-Flitterwochen um. All meine alte Aversion kochte hoch – eher ungünstig, wenn man ein komplettes Wochenende auf seiner Matte verbringt und Wörter wie "Chakra" und "energetisch" in jedem fünften Satz vorkommen. Mindestens.
Dreizehn Wochen später beendeten GGL I und ich das, was noch von unserer Beziehung übrig war und selbst mir blieb nicht verborgen, dass GGL II mich tatsächlich mehr als freundschaftlich mochte.
Sechsunzwanzig Wochen und einen Umzug mit Hilfe von GGL I & II später, implodierte meine Welt.
Und alles wegen Yoga.
koneko do - 1. Sep, 00:00